Licht


NaturFotoschule, Teil 3

von: Hans-Peter Schaub
Nachdem wir uns in den ersten beiden Teilen der NaturFoto-Schule mit der Landschaftsfotografie auseinandergesetzt haben, geht es in diesem dritten Teil um einen wichtigen Aspekt der Makrofotografie: die Lichtführung, und zwar speziell um den Einsatz von Taschenlampen und Reflektoren. Mit diesen beiden einfachen Hilfsmitteln lässt sich die Lichtwirkung im Nahbereich in vielfältiger Weise beeinflussen. So kann man sich zumindest teilweise unabhängig machen vom natürlichen Licht, das ja nicht immer genau so zur Verfügung steht, wie man sich das für die optimale Ausleuchtung des Motivs wünscht.

Licht ist die Voraussetzung für Fotografie. Allerdings ist Licht keineswegs gleich Licht. Farbtemperatur und Richtung haben einen gravierenden Einfluss auf die Wirkung des Motivs im Bild. Licht ist also ein herausragendes Gestaltungsmittel. Beschränkt man sich darauf, seine Bilder bei natürlichem Sonnen- oder Mondlicht aufzunehmen, beschränken sich die eigenen Möglichkeiten, Einfluss auf die Lichtführung zu nehmen, darauf, die Aufnahme-Position zu ändern, um ein Motiv so beispielsweise entweder im Auf- oder Gegenlicht darzustellen. Das ist freilich nicht immer möglich und so wird man in vielen Fällen versuchen müssen, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Während man in der Landschafts- und Tierfotografie in der Regel einen beträchtlichen Aufwand betreiben muss, um mit Hilfe künstlichen Lichts die Ausleuchtung selbst in die Hand zu nehmen, ist das bei kleinen Motiven deutlich einfacher möglich. Zum einen genügen schon kleine Blitzgeräte, um Pflanzen, Pilze oder Insekten ins gewünschte Licht zu setzen, zum anderen kann man aber auch schon mit einer einfachen Taschenlampe spannende Lichtakzente setzen.

Taschenlampe

Letztere hat den Vorteil, dass man beim Blick durch den Sucher oder aufs Display bereits vor der Aufnahme erkennen kann, wie das gesetzte Licht wirkt. Zwar lassen sich auch mit den althergebrachten „Glühbirnen-Taschenlampen“ schöne Lichteffekte erzielen. Ihr warmes Licht ist manchmal, aber nicht immer passend und erfordert zuweilen erhebliche Korrekturen des Weißabgleichs. Moderne LED-Lampen liefern hingegen eine dem Tageslicht sehr nahe kommende Lichtcharakteristik und sind zudem deutlich heller und energieeffizienter. Mit farbigen Filterfolien und selbstverständlich über eine Korrektur des Weißabgleichs – während der Aufnahme oder nachträglich – lässt sich die Lichtcharakeristik problemlos verändern. Nicht zuletzt aufgrund der Optionen, die der nachträgliche Weißabgleich bietet, empfiehlt es sich, die Bilder im Raw-Format aufzuzeichnen. Besonders interessant sind Lampen, deren Strahl sich fokussieren lässt. So kann man eng begrenzte Lichtpunkte setzen oder ein Motiv nebst Umfeld gleichmäßig ausleuchten. Wählt man lange Belichtungszeiten (etwa ab 1 sec), kann man durch Bewegung der Lampe das Licht in sehr vielfältiger Weise über das Motiv „malen“, was mit Blitzlicht nicht möglich ist. Muss man bei Zeiten unter einer Sekunde die Lampe sehr schnell bewegen, hat man bei Belichtungen von mehreren Sekunden natürlich viel Zeit für diese Art der Lichtgestaltung. Man erreicht so, dass die Lichtquelle bezogen auf das Motiv größer erscheint, was zu weicher verlaufenden Schatten und einer insgesamt plastischeren Ausleuchtung führt.

Licht nach Belieben

Ideale Motive für diese Art der Ausleuchtung im Nahbereich sind Pflanzen und Pilze. Ohne befürchten zu müssen, dass die anvisierten Motive die Flucht ergreifen, kann man sich in aller Ruhe an die optimale Ausleuchtung heranarbeiten, kann Streif-, Auf-, Frontal- oder Gegenlicht setzen und wird dabei feststellen, wie erstaunlich sich ein Motiv mit wechselnden Lichtsituationen verändert. In wenigen Minuten lassen sich so ohne Probleme die Lichtbedingungen des gesamten Tagesverlaufs simulieren. Das kann in manchen Fällen sehr hilfreich sein, wenn es darum geht, lang gehegte Bildträume Wirklichkeit werden zu lassen. Viele Blumen aber auch Pilze haben eine eng begrenzte Blüh- oder Lebensdauer. Nicht immer ergibt sich in dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster genau die Lichtsituation, die man sich für das jeweilige Motiv vorgestellt hat. Zuweilen lässt auch der Standort des Gewächses – beispielsweise mitten im Wald – nicht zu, dass die Sonne so einfällt, wie gewünscht. Die Taschenlampe hingegen liefert immer Licht und Einfallsrichtung und -winkel kann ich selbst bestimmen.

Mehr Möglichkeiten

Allein mit einer Taschenlampe ergeben sich schon erstaunliche Möglichkeiten der Lichtgestaltung. Ergänzt man diese noch durch ein kleines 5-in-1-Faltreflektor-Set, wie es beispielsweise von Dörr angeboten wird, vervielfachen sich die Optionen. So lassen sich die Motive wahlweise vor weißem, schwarzem, goldenen oder silbernem Hintergrund abbilden. Durch eine indirekte Lichtführung, bei der der Reflektor angestrahlt wird, welcher dann wiederum das Motiv beleuchtet, ergeben sich ganz andere Wirkungen als durch direkt auftreffendes Licht. Mithilfe des ebenfalls in so einem Set enthaltenen Diffusors lässt sich eine, bezogen auf das Motiv, sehr große Lichtquelle simulieren. Damit kann man etwa die Formen von Blüten oder Pilzen besonders plastisch herausarbeiten oder Kontraste abmildern.

Dritte Hand

Möchte man Reflektor und Taschenlampe gleichzeitig einsetzen, wünscht man sich oft eine dritte oder vierte Hand. Erdnägel, versehen mit einer Klemme und/oder einem kleinen Kugelkopf sind ebenso praktische wie leicht zu transportierende Helferlein. Ich montiere in der Regel die Taschenlampe auf so einem Erdnagel. Um den Reflektor in der gewünschten Position zu fixieren, nutze ich entweder einen zweiten Erdnagel, verwende einen herumliegenden Zweig oder hänge ihn einfach in die umgebende Vegetation.

Immer-dabei-tauglich

Meine komplette „Makro-Lichtanlage“ bestehend aus Taschenlampe, zwei Erdnägeln mit kleinem Kugelkopf, einer Schraubklemme, dem Reflektor und ein paar Farbfolien wiegt nicht einmal ein Kilogramm und findet ganz locker Platz im Fotorucksack. So bin ich eigentlich immer gerüstet, um kleine Motive, denen ich begegne, auch dann optimal auszuleuchten, wenn die Sonne mal nicht so scheint, wie ich mir das gerade wünsche. Wenn man mit Muße einige der unzähligen Ausleuchtungsvarianten durchspielt, die so zur Verfügung stehen, kann man oft auch scheinbar banalen Motiven noch neue, interessante Aspekte abgewinnen. Es erstaunt dann immer wieder, wieviele Bilder sich in einem einzigen Motiv entdecken lassen.  

Empfehlenswertes Zubehör

Das Mini-Outdoor-Studio
So sieht mein Aufbau der Beleuchtung üblicherweise aus: Eine LED-Taschenlampe  wird mittels einer Universalklemme auf einem mit einem kleinen Kugelkopf ausgestatteten Erdnagel versehen und an einer günstigen Stelle in den Boden gesteckt. Im Hintergrund des Motivs befestige ich entweder an einem kleinen Zweig oder an einem zweiten Erdnagel den 5-in-1-Reflektor in der jeweils gewünschten Farbvariante. Das Spiel mit dem Licht kann beginnen.
Erdnägel von fotonovum: fotonovum.de
Kugelköpfe und Schraubklemmen von Novoflex: novoflex.de

Taschenlampe
LED-Taschenlampen gibt es mittlerweile in einer unüberschaubar breiten Auswahl. Wichtige Auswahlkriterien für die Verwendung als Lichtquelle in der Makrofotografie ist neben der Wetterfestigkeit ein möglichst homogenes, dem natürlichen Licht nahekommendes Farbspektrum, idealerweise ein fokussierbarer Lichtstrahl und eine Lichtleistung von mindestens 100 Lumen (ideal sind 200 bis 400 Lumen). Ich verwende ein preiswertes, aber mit hochwertigen Cree-LEDs ausgestattetes Modell, das vor einiger Zeit bei Aldi Nord zu haben war. Brauchbare Lampen gibt es aber auch von vielen anderen Anbietern ab etwa 25 Euro.  Zusammen mit einer Schraubklemme, einem kleinen Kugelkopf und einem Erdnagel ergibt sich ein sehr flexibles Lichtsystem.

Faltreflektoren gibt es mittlerweile in vielen Größen. Für Makroaufnahmen völlig ausreichend ist beispielsweise das 5-in-1-Faltreflektor-Set CRK-12 von Dörr mit 30 cm Durchmesser. Neben einem Diffusor steht hier eine schwarze, weiße, silberne und goldene Fläche zuer Verfügung. Er lässt sich sehr klein zusammenfalten, wiegt inklusive Täschchen gerade einmal 78 Gramm und kostet rund 23 Euro. 
5-in-1 Faltreflektoren von Dörr: doerrfoto.de

Hans-Peter Schaub
… wurde 1961 in Schramberg im Schwarzwald geboren und lebt seit 17 Jahren im westfälischen Hamm. Die Bilder des Biologen und Naturfotografen wurden vielfach bei internationalen Wettbewerben ausgezeichnet. Er ist Autor mehrerer Lehrbücher über Naturfotografie und Chefredakteur des Magazins NaturFoto. 
www.hanspeterschaub.de