Zierlich und robust


Die Olympus OM-D E-M5 Mark II in der Praxis

Die Neuauflage des Mittelklasse-Modells OM-D E-M5 hat Olympus für eine recht umfassende Neustrukturierung des Bedienkonzepts genutzt. Zwar sieht die OM-D E-M5 Mark II der Vorgängerversion auf den ersten Blick sehr ähnlich, schaut man sich jedoch Anordnung und Anzahl der Bedienelemente an, fallen zahlreiche Änderungen auf, die insgesamt zu einer flüssigeren und vereinfachten Bedienung der Kamera führen. Neben den allgemeinen Eigenschaften der Kamera hat sich Hans-Peter Schaub besonders intensiv mit zwei für aktuelle Olympus-Kameras mittlerweile typischen Funktionen befasst: der hochauflösenden Aufnahme und dem Focus Bracketing.

Sie ist erstaunlich klein und zierlich, fühlt sich dank des Metallgehäuses dennoch sehr solide an. Umfassend gegen Feuchtigkeit und Staub abgedichtet, ist die OM-D E-M5 Mark II ebenso wie ihre deutlich wuchtigere Schwester E-M1, bestens für Outdoor-Einsätze unter rauen Bedingungen gerüstet – für Naturfotografen also sehr interessant. Umso mehr, als auch viele Olympus-Objektive entsprechend wetterfest ausgelegt sind.

Mehr Knöpfe

Auch wenn die OM-D E-M5 Mark II dem Vorgängermodell auf den ersten Blick stark ähnelt – Gehäuseform und Abmessungen sind weitgehend gleich geblieben –, hat Olympus die Neuauflage doch genutzt, um die Bedienung gründlich umzukrempeln. Vor allem die Gehäuse-Oberseite präsentiert sich völlig anders als beim Vorgängermodell. Mehr Knöpfe, die direkten Zugang zu vielen Funktionen erlauben und eine ungemein vielfältige Zahl von Möglichkeiten, die Kamera seinen Bedürfnissen und Gewohnheiten entsprechend zu konfigurieren. Vier Tasten sind explizit als Funktionstasten (Fn) beschriftet, aber im Grunde lässt sich die Funktion praktisch jedes Rades und jedes Knopfs ändern oder anpassen. So ist es in den meisten Fällen problemlos möglich Funktionen, die einem in der Grundeinstellung schwer zugänglich oder umständlich erscheinen, einfach einem anderen Knopf zuzuweisen. Nur wenige andere Kameras bieten dermaßen umfassende Optionen, die Bedienung zu individualisieren. Über einen schlicht als „Hebel“ bezeichneten Schalter auf der Rückseite, rechts neben dem Sucher, kann man dann noch in insgesamt sechs Modi insbesondere die Funktionen der Einstellräder anpassen. 
Die Vielfalt der Konfigurationsmöglichkeiten hat allerdings zur Konsequenz, dass einerseits keine über einen längeren Zeitraum intensiv genutzte E-M5 Mark II hinsichtlich der Tastenbelegung einer anderen gleichen wird und dass man sich in die Bedienung der Kamera wirklich einarbeiten muss, um letztendlich alle für einen selbst relevanten Funktionen optimal nutzen zu können. Ist man dazu bereit, wird die Kamera zum maßgeschneiderten Werkzeug.

Schneller und besser

Die Kamera weist aber nicht nur mehr Knöpfe auf, sie ist in vieler Hinsicht auch besser und leistungsfähiger geworden. So hat sich die Bildrate von 9 auf 10/sec erhöht, mit kontinuierlichem AF sind nun anstatt 3,5 bis zu 5 Bilder/sec möglich, was die Tauglichkeit für actionreiche Tierfotografie merklich verbessert. Der elektronische Sucher (2,34 Mio. Bildpunkte) sowie das dreh- und schwenkbare 3 Zoll-Display (1,04 Mio. Bildpunkte) hat die E-M5 Mark II vom Topmodell 
E-M1 „geerbt“. Der 5-Achsen-Bildstabilisator kompensiert bis zu fünf Blendenstufen, was ihn etwas leistungsfähiger als den der E-M1 macht (4 Blendenstufen). Umfassend ist auch die Erweiterung der Video-Fähigkeiten ausgefallen. Full HD wird mit bis zu 60 Bildern/sec aufgezeichnet. Die Bitrate wurde auf bis zu 77 Mbps gesteigert und zudem ist auch die unkomprimierte Ausgabe (All-Infra) möglich. Bei Bedarf lässt sich der elektronische Verschluss nutzen, der extrem kurze Belichtungszeiten bis zu 1/16.000 sec sowie lautlose Aufnahmen erlaubt.
Der Autofokus entspricht mit 81 Messpunkten dem der E-M1 und reagiert bei statischen Motiven extrem flott und präzise. Der Nachführ-AF überzeugt durchaus auch bei sich schnell bewegenden Motiven. Wichtig ist jedoch, möchte man den tatsächlich auch nutzen, dass man die Serienbildrate auf „Sequentiell L“ einstellt, was 5 Bildern/sec entspricht. Standardmäßig ist beim kontinuierlichen AF „Auslösepriorität“ eingestellt. Höhere Trefferquoten bei nur minimal reduzierter Serienbildrate konnte ich allerdings erzielen, wenn die Option deaktiviert wurde (Menü C (Auslösen) | Ausl. Prio. C | aus).

Bildqualität

Der 16 Megapixel-Sensor entspricht dem des Vorgängermodells und liefert insgesamt eine sehr ordentliche Bildqualität. Auch mit hohen Kontrasten kommt er gut zurecht. Man kann Motive durchaus auch mal knapp belichten, um Zeichnung in den Lichtern zu halten, ohne dass das Rauschen beim nachträglichen Aufhellen der Schatten merklich zunimmt. Angesichts der vergleichsweise geringen Sensorgröße überrascht das geringe Luminanz-Rauschen selbst beim ISO-Maximum von 25.600. Bis ISO 3.200 bleibt das Rauschen insgesamt auf niedrigem Niveau. Die Kamera kann also auch bei hohen ISO-Einstellungen ohne gravierende Abstriche eingesetzt werden.

Extrafunktionen

Bei all der Funktionsvielfalt, die die Kamera zu bieten hat, möchte ich zwei besonders spannende Eigen­schaften eingehender vorstellen. Zum einen ist das die Möglichkeit, extrem hochauflösende Bilder zu erzeugen und zum andern, die mit der letzten Firmware-Aktualisierung neu hinzugekommene Focus Bracketing-Funktion.

Mehr Schärfentiefe

Mit der aktuellen Firmware verfügen nach der OM-D E-M10 Mark II auch die E-M5 Mark II sowie die E-M1 über eine Focus Bracketing-Funktion. Die findet sich nach dem Update im zweiten Kameramenü unter dem Punkt „Belichtungsreihen“ und heißt dort „Fokus BKT“.
Schärfentiefe ist vor allem im Makrobereich Mangelware und zuweilen möchte man ein Motiv gerne komplett scharf abbilden. Da genügt es oft nicht, einfach die Blende weit zu schließen.
„Focus Stacking“, das Erstellen einer Serie von Einzelbildern mit jeweils unterschiedlicher Fokussierung und die nachträgliche Verrechnung der Serie zu einem durchgängig scharfen Einzelbild, war bislang eher was für Spezialisten. Aufwendig, umständlich und limitiert auf Motive, die idealerweise minutenlang unbeweglich blieben. Mit den entsprechend ausgestatteten Olympus-Kameras hingegen wird diese Aufnahmetechnik deutlich leichter handhabbar. Kürzere Serien bei schnellen Verschlusszeiten kann man dabei sogar aus der Hand „schießen“. In den meisten Fällen jedoch ist es ratsam, die Kamera auf ein Stativ zu montieren. Man wählt nun im Menü die Anzahl der Einzelbilder (maximal 999) und die Schrittweite (1 bis 10, wobei „1“ eine geringe, „10“ eine große Verschiebung der Fokussierung bedeutet).
In der Praxis visiert man dann das Motiv an und fokussiert auf den der Kamera nächstgelegenen Punkt der scharf abgebildet werden soll und drückt den Auslöser. Die Kamera erstellt dann die Bildserie, die man anschließend mit einer entsprechenden Software (z. B. Photoshop, Helicon Focus, Focus projects) zu einem Bild mit der gewünschten Schärfentiefe verrechnet. Das Ganze funktioniert bei Makro- ebenso wie bei Landschaftsmotiven so verblüffend einfach, dass man schnell Spaß an der Sache gewinnt und immer mehr Motive entdeckt, die man „Stacken“ kann. Schnell lernt man einzuschätzen, wie viele Einzelbilder mit welcher Schrittweite zum gewünschten Ergebnis führen.    

Auflösung extrem

Der für die Funktion des Bildstabilisators bewegliche Sensor macht möglich, was bislang nur in einigen Mittelformatkameras realisiert wurde: Die Multishot-Aufnahme. Dabei wird der Sensor während insgesamt acht Aufnahmen minimal verschoben – um jeweils eine Pixelbreite während der ersten vier, um eine halbe Pixelbreite während der zweiten vier Aufnahmen. So wird es zum einen möglich, an jedem Bildpunkt die komplette Farbinformation „einzusammeln“. Zum anderen kann so die effektive Auflösung erheblich gesteigert werden. „Nebeneffekte“ sind die Vermeidung von Moiré-Artefakten an feinsten Strukturen, eine besonders klare Farbwiedergabe und deutlich minimiertes Rauschen aufgrund der Überlagerung mehrerer Bilder. Tatsächlich entsteht dabei ein 64 Megapixel-Raw-Bild, das aber aufgrund der teilweisen Überlappung der berücksichtigten Pixel nicht ganz die von 64 MP zu erwartende Auflösung erreicht. Die E-M5 Mark II errechnet daher intern aus dem 64 MP-Raw ein 40 MP-JPG, das dann allerdings problemlos den Erwartungen an ein Bild mit dieser Auflösung gerecht wird. Noch bessere Ergebnisse lassen sich freilich erzielen, wenn man das 64 MP-Raw zunächst sorgfältig (z. B. in Lightroom) bearbeitet und dieses dann auf rund 50 MP herunterskaliert und scharfzeichnet. Die von Olympus angegebenen 40 MP sind also keineswegs ein Marketing-Gag, sondern eher noch zurückhaltend formuliert. Trotz der hohen Geschwindigkeit, mit der die Kameras diese Routine abarbeitet, bleibt die Technik auf statische Motive beschränkt. Interessant ist sie daher in erster Linie für detailreiche Landschafts- und Makroaufnahmen. Hier bringt sie aber einen echten Mehrwert.

Fazit

Die Olympus OM-D E-M5 Mark II hat gegenüber dem Vorgängermodell eine umfangreiche Überarbeitung erfahren sowohl hinsichtlich des Bedienkonzepts als auch der Ausstattung und Funktionalität. Sie bietet sich aufgrund ihrer Wetterfestigkeit auch für Naturfotografen an, die sich eine kleine, dennoch sehr leistungsfähige Kamera wünschen.
Vor- und Nachteil gleichermaßen ist die umfassende Funktionsvielfalt und Konfigurierbarkeit der Kamera, die zum einen die Menüführung unübersichtlich und die Einarbeitung anstrengend macht. Lohn der Mühe kann dann aber eine wirklich maßgeschneiderte Kamera sein. Highlights im Funktionsumfang sind sicher die Option, bei Bedarf sehr hochauflösende Bilder schießen zu können sowie die Focus Bracketing-Funktion. Insbesondere für Makro- und Landschaftsfotografen wird die Kamera dadurch sehr interessant.

Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de


Blick auf die Rückseite der Kamera
Wenige, übersichtlich angeordnete Bedienelemente kennzeichnen die Rückseite der Kamera. Das Display ist dreh- und schwenkbar. Die Einstellräder sind griffig und trotz der insgesamt zierlichen Gehäuseabmessungen ausreichend griffig – auch wenn die Kamera mal mit Handschuhen bedient werden muss. Interessant ist der Hebel rechts neben dem Sucher. Je nach Position können den übrigen Funktionsknöpfen unterschiedliche Aufgaben zugewiesen werden. Man muss sich allerdings dann schon merken, welche das sind …

Wetterfest 
Die Kamera ist sehr umfassend mit Dichtungen ausgestattet, die das Eindringen von Feuchtigkeit und Staub auch unter sehr widrigen Bedingungen wirksam verhindern sollten. Gerade Naturfotografen messen dieser Eigenschaft aus naheliegenden Gründen hohe Bedeutung zu. Auch viele der Olympus-Objektive sind entsprechend abgedichtet, so dass einer Fototour bei Schmuddelwetter nichts im Wege steht.

Olympus OM-D E-M5 Mark II
Bildsensor: Live-MOS (17,3 x 13 mm),
4.592 x 3.448 Pixel, Auflösung (effektiv): 16,05 Mio. Pixel, Beschnittfaktor (bezogen auf KB): 2
ISO: 200 – 25.600  
Dateiformate (Bild): RAW (12 Bit), JPEG
Dateiformate (Video): MPEG-4 (AVC/H.264), Motion JPEG, Full HD (1.920 x 1.080 Bildpunkte mit 24, 25, 30, 50, 60p)
LC-Display: dreh- und schwenkbares
3 Zoll-TFT-Touchdisplay, 1,04 Mio. Bildpunkte
Sucher: Elektr. Sucher, 100 % Bildausschnitt, 1,4fache Vergr., 2,36 Mio. Bildpunkte
Serienbilder: ca. 10 Bilder/sec, bis zu 16 Raws in Folge, 5 Bilder/sec mit kontinuierlichem AF
Speichermedien: SD-/SDHC-/SDXC
Weitere Merkmale: WLAN, integriertes Focus Bracketing (mit aktueller Firmware), Mehrfachbelichtung, HDR, High Resolution-Aufnahmen (ca. 40 Megapixel JPG/64 Megapixel Raw), Live Composite-Aufnahmen (z.B. für Sternspuren oder Feuerwerk), Timer-/Zeitraffer-Funktion, lautloser elektronischer Verschluss (1/16.000 sec), 5-Achsen-Bildstabilisator (Sensor-Shift), 4 programmierbare Funktionstasten, umfassender Spritzwasserschutz, frostsicher bis -10° C, Mikrofon-Buchse  
Abmessungen:
ca. 85 (H) x 124 (B) x 45 mm (T)
Gewicht (mit Akku und SD-Karte):
rund 469 Gramm
Straßenpreis: ca. 1.010 € (Gehäuse)

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